Sonntag, 24. März 2019

Laktattest – 10 Gründe wieso er nicht das Mittel der Wahl ist [1]

Ein sehr großes Anliegen in meiner Arbeit ist es, dem einzelnen Sportlern so gut es geht bei seinem Vorhaben zu unterstützten. Ich persönlich halte nicht sehr viel von allgemeinen Rezepten und Richtlinien. Wenn man sich intensiv mit der Person beschäftigt, erfährt man viel mehr als über einen Blutbefund oder mit einer Computerauswertung, die für die Masse vielleicht aussagekräftige Resultate liefern, für den einzelnen aber ganz schön daneben liegen können.

Eines meiner Lieblingsthemen ist deshalb der Laktattest, da so viel Schindluder damit betrieben wird. Die Diagnostik ist wie für einen Mediziner wichtig, um zu beurteilen, welche Maßnahmen gesetzt werden müssen. Genauso ist es auch in der Trainingssteuerung. Ich muss wissen, was ich wann mit welcher Intensität trainieren soll, damit die bestmögliche Leistungsentwicklung zu erwarten ist. In unseren Breiten hat sich dazu der Laktattest zur Überprüfung der Leistungsfähigkeit und Grundlage für die Trainingssteuerung durchgesetzt. Die Sportwissenschaft schreibt Bücher über die Interpretationsmöglichkeiten der Laktatkurve. Läufer selbst vergleichen ihre Auswertungen mit Kollegen und prahlen mit guten Testergebnissen. Fitnessstudios bieten ihren Kunden "professionelle Leistungsdiagnostiken" für ein effizientes Training an. Auch Sportanfängern wird der Laktattest empfohlen, damit man von Beginn an "richtig" trainiert.

Doch bin ich nicht so ganz davon überzeugt, dass wir mit dem investierten Geld das Beste bekommen. Ich möchte in den nächsten Berichten die Probleme des Laktattests, angewandt in der Masse, genauer erläutern und kritisch hinterfragen.

  1. Jeder Mensch ist anders
    So wie bei der maximalen Herzfrequenz, bei dessen Werte eine sehr große Streuungsbreite herrscht, ist auch das Verhalten des Laktats unter Belastung (aber auch in Ruhe) bei jedem Menschen unterschiedlich. Und niemand weiß im Vorhnein, wie das Laktat bei den einzelne Menschen reagiert. Es gibt sehr viele Faktoren, die dabei mitspielen, wie viel Laktat in der Muskulatur produziert wird, wie es im Körper verteilt wird und wie schnell es wieder abgebaut wird. Die Gauß’sche Normalverteilung zeigt ja deutlich, dass sich die Masse zwar um den Mittelwert bewegt, es aber Extreme im oberen und unteren Bereich gibt. Wenn man das Glück hat und im Bereich von 2 Streuungsbreiten der Normalverteilung zu sein, dann könnte der Körper des getesteten Sportlers „normal“ funktionieren und der Laktattest ist brauchbar. Sollte man aber zum anderen Drittel gehören, wird der Test immer ungenauer.

  2. Red Bull verleiht Flügel
    Die Ernährung ist bei diesem Test natürlich sehr beeinflussend, da eigentlich ja nur der Kohlenhydratstoffwechsel (Laktat ist ein nicht vollständig abgebautes Kohlenhydrat) getestet wird. Indirekt schließt man daraus auf den Fettstoffwechsel – also wenig Laktat heißt wenige Kohlenhydrate verbrannt und genügend Sauerstoff im Blut vorhanden, um Fette zu verbrennen. Wenn zum Beispiel vor dem Leistungstest ein Kohlenhydratgetränk oder gar ein Energydrink getrunken wird, steigt rapide der Blutzuckerspiegel an und die Zellen werden eher den überschüssigen Zucker verbrennen statt auf die Fettreserven zurückzugreifen! Die Laktatwerte steigen geringfügig und der Test ist unterbewertet. Umgekehrt führt ein nicht ausreichend aufgefüllter Kohlenhydratspeicher zu einer scheinbar besseren Leistung.
    Ich hoffe deshalb, dass man vor einem Test eine genaue Aufklärung bzw. Information erhält, wie man sich in den Tagen und unmittelbar vor dem Test verhalten soll.
     
  3. Mit der Tagesverfassung zur Topform
    Nicht nur die Ernährung sondern auch die Tagesverfassung selbst hat Einfluss auf das Testergebnis. Schlecht geschlafen, Stress in der Arbeit und Familie, eine sich ankündigende Verkühlung, eine Entzündung oder ein nicht erkannter Eiterherd... Der Gemütszustand oder ein veränderter Hormonhaushalt (Stresshormone wie die Katecholamine oder die Glucocorticoide erhöhen den Blutzuckerspiegel) können den Kohlenhydratstoffwechsel im submaximalen Bereich erhöhen, was den Test wieder nicht objektiv macht.

  4. Einmal ist kein Mal
    Die meisten Läufer wollen mit einem Leistungstest ihre aktuelle Form überprüfen und daraufhin ihr Training optimieren. Was auch berechtigt ist. Wenn man dazu ein einziges Mal einen Laktattest macht, ist das Risiko auf Grund der in diesem Bericht angeführten Probleme relativ groß, eine falsche Empfehlung zu bekommen. Im Leistungssport ist das natürlich ganz anders – dort wird regelmäßig in beinahe monatlichen Abständen gezielt ein Test gemacht, damit man die Entwicklung feststellen kann um rechtzeitig an den richtigen Schrauben zu drehen. Wenn man dermaßen viele Tests hat, weiß man auch wie das Laktat dieses Sportlers reagiert. Im Leistungssport hat der Laktattest seine Berechtigung und ist auch aussagekräftig. Aber mal ehrlich: wer von uns ambitionierten Läufern hat weder die Zeit noch das nötige Geld, um so viel ins Training zu investieren?
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