Runtasia Infokanal: Laktattest – 10 Gründe wieso er nicht das Mittel der Wahl ist [4]

Sonntag, 6. März 2011

Laktattest – 10 Gründe wieso er nicht das Mittel der Wahl ist [4]

Genug der Theorie! Ich möchte in den nächsten beiden Beiträgen zwei Sportler präsentieren, die sehr verwirrende Empfehlungen nach einem Laktattest erhalten haben. Das ist nur ein kleiner Auszug aus meinen Erfahrungen mit diesem Testsystem. Ich möchte aber noch einmal betonen, wie schon in den letzten Beiträgen auch, dass ein Laktattest per se nicht falsch für die Trainingssteuerung ist, doch sollte man über die möglichen Fehlerquellen Bescheid wissen und die Ergebnisse kritisch hinterfragen – vor allem, wenn nur ein einziger Stufentest zur Trainingsempfehlung herangezogen wird. Wenn die Laktatanalyse jedoch zur ständigen Trainingssteuerung dient, dann ist dies sicher die beste und genaueste Methode.



Ein paar Eckdaten zur ersten betroffenen (Hobby)Sportlerin. Sie betreibt den Laufsport ernsthaft bereits seit 1997 und ist eine erfahrene Marathonläuferin (Teilnahme an 13 Marathons)
Alter (zum Testzeitpunkt): 45 Jahre
Testdatum: 17. Jänner
Ziel: Halbmarathon Mitte März

Die Grafik und die Tabelle zeigen die Ergebnisse eines Laktattests, den sie etwa 2 Monate vor dem Halbmarathon gemacht hat. Klar ersichtlich ist, dass ihr die Grundlagenausdauer fehlte, da sie bereits bei sehr niedriger Geschwindigkeit (1. Stufe bei 8,5 km/h) einen Laktatwert von über 2mmol hatte. Die Testerin prognostizierte ihr mit diesem Test eine Zielzeit für den Halbmarathon von etwa 2:26:00 bzw. ein Tempo von 6:55 pro Kilometer. Das entspräche einem Laktatwert von etwa 3mmol.
Die Trainingsbereiche berechnete sie aus der Geschwindigkeit mit den dazugehörigen Pulswerten aus der Basis bei der 4mmol-Schwelle. Bis 65% bedeutet Regeneration – eigentlich nicht trainingswirksam und dient fürs auf- und abwärmen. Das echte Grundlagentraining mit „GA1“ berechnete sie mit 65% und 80% - das entspricht einer Geschwindigkeit von 6,3 bis 7,8km und einem Pulsbereich von 145 bis 152 Schlägen. Sofort fällt auf, dass ein derart enger Pulsbereich weder angemessen noch trainierbar ist. Noch kleiner – mit nur 4 Schlägen – fallen die Zonen im „GA2“- und „IntervallTR“-Bereich aus!
Dennoch, laut Plan sollte sie nun vorwiegend Dauerläufe im Regenerationsbereich trainieren. Also mit einem Puls von 133 bis 145 bzw. mit einer Geschwindigkeit von 3,4 bis 6,3 km/h. Wieso?

Weiters wurde an diesem Testtag die für sie bekannte und mehrmals festgestellte Herzfrequenz von über 180hz nicht erreicht. Es ist anzunehmen, dass entweder einen generell schlechten Tag hatte, erschöpft war oder sonstige Einflüsse keinen aussagekräftigen Laktattest zuließen. Solche Faktoren werden bei einem Laktattest natürlich nicht berücksichtigt, haben aber großen Einfluss auf das Ergebnis.

Erstaunlicherweise und das muss man dieser Betreuung hoch anrechnen, wurde mit dieser Sportlerin 2 Wochen vor dem Wettkampf noch einmal ein Dauerbelastungstest mit der zu Beginn empfohlenen Geschwindigkeit durchgeführt. Die Aufgabe war 3x 4 Kilometer mit einer Geschwindigkeit von 6:55/km zu laufen. Das Ergebnis war:


Auf Grund dieses Ergebnisses wurde die empfohlene Geschwindigkeit für den Halbmarathon auf 6:30/km angehoben! Juhu! Ein Trainingserfolg!
Die Anhebung der Wettkampfgeschwindigkeit erfolgte jedoch ohne nachvollziehbare Begründung:
Der Dauertest wurde bereits schneller gelaufen als vorgegeben und entspricht beinahe der korrigierten Empfehlung. Wenn man das Laktat genauer betrachtet, so fällt die Konzentration etwas bei konstanter Geschwindigkeit und ist nach der letzten Stufe (im Schnitt mit 6:36/km gelaufen) sogar weit unter 2mmol! Das heißt, dass sie sich bei diesem Tempo sogar erholt…also regenerativ trainiert! In diesem Fall müsste ein weiterer Dauertest bei einer höheren Geschwindigkeit durchgeführt werden um festzustellen, wann sich das Laktat bei etwa 3mmol (wie eigentlich beim ersten Test angewandt) einpendelt. Wenn sie diesen Test mit 6:00/km wiederholt hätte, wäre höchstwahrscheinlich ein konstanter Laktatwert von 3mmol herausgekommen.

Hier noch einmal eine Zusammenfassung der kritischen Punkte:
  • Die erste Belastungsstufe verursachte bereits 2,8mmol Laktat (zu schnell gewählt!)
    Aus vier Laktatwerten eine aussagekräftige Kurve berechnen ist unseriös 
  • Aerobe Bereiche wurden von der (bereits ungenau ermittelten Laktatkurve) zurück gerechnet 
  • Die Maximale Herzfrequenz von nachgewiesenen 181 wurde bei diesem Test nicht erreicht 
  • Empfohlene Trainingsbereiche zu eng und sind weder nachvollziehbar noch in der Praxis anwendbar
  • Trainingsplan fraglich! In den letzten 8 Wochen den Großteil im Regenerationsbereich zu laufen ist verlorene Zeit! Hier ist Qualitätstraining gefragt und kein Aufholen von versäumtem Grundlagentraining
  • Geschwindigkeit und Puls passen im Training keinesfalls zusammen!
  • Der Dauerbelastungstest zwei Wochen vor dem Wettkampf ist sehr aussagekräftig, doch wurde ein falscher Schluss gezogen
Die Sportlerin kam beim Halbmarathon in 2:03:56 ins Ziel – das entspricht einem Pace von 5:52/km!

Noch mehr Beispiele gegen die Laktatmessung im Laufsport

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