Gerade im Ausdauersport wird viel mit Fachbegriffen herumgeworfen, die vielleicht viele gar nicht so richtig verstehen: VO2max, Carnitin, (Beta)Oxidation, Glykolyse, Conconi und Cooper, Laktat,… Und am meisten gebraucht sind sicher die Begriffe des aeroben und anaeroben Energiestoffwechsels. Ich beschreibe heute, was das genau ist und wozu dieses Wissen für uns Läufer wichtig ist.
Für die Griechen unter uns ist die Bedeutung der Begriffe gleich klar:
aerob
αηρ (aēr) - Luft
also: in Anwesenheit von Sauerstoff
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anaerob
α(ν) a(n) = nicht, un-, ἀήρ (aēr) = Luft und βίος (bíos) = Leben
also: in Abwesenheit von Sauerstoff
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Das soll heißen, dass unser Körper zwei Möglichkeit hat, Energie aus bestimmten Substraten (eigentlich sind es nur Kohlenhydrate, Fette und Proteine) gewinnen kann: mit oder ohne Sauerstoff!
Im Laufe der Evolution haben sich diese beiden Arten bewährt, da es einerseits eine sehr schnelle Energieentfaltung (anaerob) ermöglicht, die aber nicht sehr effizient ist. Es ermöglichte dadurch dem Menschen, schnelle Tiere zu jagen bzw. von denen zu flüchten. Andererseits bewährte sich eine relativ langsame Energieentfaltung (aerob) in Ruhezeiten und bei langen Wanderungen. Dazu brauchte man eigentlich nur ausreichend Energie (Fett) speichern.
Wann nun welcher Stoffwechsel und welches Substrat herangezogen wird, hängt von vielen Faktoren ab:
· Anwesenheit des Substrats – wenn keine Kohlenhydrate vorhanden sind, muss der Körper auf ein anderes Substrat bzw. Stoffwechsel zurückgreifen
· Belastungsintensität – je kürzer und höher die Belastung desto schwieriger wird es, ausreichend Sauerstoff in die Muskeln nachzuliefern
· „aerobe Ausstattung“ der Zelle – der aerobe Stoffwechsel benötigt bestimmte Enzyme. Je mehr davon vorhanden, desto eher ist der Körper in der Lage, aerob zu arbeiten
· Transport – wenn der Sauerstofftransport von der Lunge über das Blut zu den Zellen langsam ist, überwiegt bereits bei niedrigen Intensitäten der anaerob Stoffwechsel
· Durchblutung – ist die Muskulatur gut durchblutet, kann mehr Sauerstoff in die Zellen geschleust werden.
Fette haben auf Grund ihrer chemischen Struktur nur die Möglichkeit, mit Sauerstoff verbrannt zu werden. So kann bei ausreichend vorhandenem Fett keine Energie gewonnen werden, wenn gleichzeitig kein Sauerstoff anwesend ist. Das Endprodukt dieses Stoffwechselvorgangs ist CO2, das mit der Atmung aus dem Körper befördert wird.
Kohlenhydrate und eingeschränkt auch Proteine können sowohl aerob als auch anaerob verbrannt werden. Bei der Energiegewinnung ohne Sauerstoff entsteht jedoch ein Endprodukt, das wir als Laktat (chemisch gesehen ist es das Salz der Milchsäure) kennen. Dieses Laktat ist im Prinzip ein unvollständig abgebauter Traubenzucker, der in sich noch immer viel Energie gespeichert hat, vom Körper aber wiederum nur in Anwesenheit von Sauerstoff weiter verarbeitet werden kann. Weiters hat dieses Laktat auch die Eigenschaft, den ph-Wert zu senken. Es macht „sauer“. Und da unser Körper nur in einem bestimmten, sehr engen Rahmen gut funktioniert, kann eine kurzfristige Übersäuerung auch zu Funktionsstörungen führen.
Genug der Theorie – welche Bedeutung hat dies für uns Läufer?
Wir wissen nun, dass die Fette nur mit Sauerstoff verstoffwechselt werden können, wir aber ausreichend große Speicher zur Verfügung haben. Auf der anderen Seite haben wir schnelle Kohlenhydrate, die eine riesige Energie sehr schnell freisetzen können. Aber diese Speicher sind begrenzt.
Zählen wir die Fakten einfach zusammen: wollen wir schnell laufen, dann wird unser Kohlenhydratstoffwechsel aktiviert…je schneller desto anaerober. Laufen wir langsam, dann greifen wir auf unsere Fettreserven zurück.
Wollen wir nun zum Beispiel einen (Halb)Marathon so schnell wie möglich laufen, haben wir ein Problem: schnell und weit funktioniert nicht über den Kohlenhydratstoffwechsel alleine! Denn entweder wird das Laktat durch den niedrigen ph-Wert den Körper in die Knie zwingen, oder es werden uns schlichtweg die Kohlenhydrate frühzeitig ausgehen!
Deshalb ist es für uns wichtig, den aeroben Stoffwechsel dementsprechend gut zu trainieren, damit wir unsere Speicher schonen. Und ansetzen können wird wiederum an den genau gleichen Stellen wie oben bereits beschrieben:
· Anwesenheit des Substrats – wenn schon keine Kohlenhydrate vorhanden sind, dann laufe dementsprechend langsam und der Körper kann auf die Fette zurückgreifen und muss nicht die wertvollen Proteine verbrauchen.
· Belastungsintensität – lange, langsame Dauerläufe bewirken eine langsame aber stetige Effizienzsteigerung des aeroben Stoffwechsels
· „aerobe Ausstattung“ der Zelle – die aeroben Enzyme werden nicht nur mit dem Fettstoffwechsel trainiert, sondern auch mit dem aeroben Kohlenhydratstoffwechsel – also ruhig auch manchmal etwas intensivere Einheiten einbauen
· Transport – der Sauerstofftransport wird sowohl durch das extensive Training (Transportfähigkeit des Bluts) als auch durch hoch intensives Training (Schlagvolumen des Herzens) verbessert.
· Durchblutung – gute Ausdauersportler weisen eine deutlich verbesserte Durchblutung der Muskulatur auf. Viele feine Verästelungen bewirken eine größere Kontaktfläche zum Sauerstoffaustausch. Kurzfristiges Training bewirkt hier nicht viel – über Jahre denken!
Die wichtigsten Facts zum Kohlenhydratstoffwechsel:
anaerober Stoffwechsel
• schnelle Energiebereitstellung
• geringe Ausnützung
• Glucose à Energie und Laktat
• 1 Mol Glucose à 2 Mol ATP
• Blutübersäuerung
• bis 2 Minuten
Ermüdung - Milchsäure
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aerober Stoffwechsel
• effiziente Energiebereitstellung
• Glycogenschonung
• Glucose à Energie, CO2 und H2O
• 1 Mol Glucose à 36 Mol ATP
• 20 x mehr Energie
• gut 1 Stunde
Ermüdung - Depotentleerung
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Credit: Geiß & Hamm, Handbuch Sportler-Ernährung
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