Sonntag, 3. Februar 2013

Funktionstest – wieso er eine Alternative zum Laktattest ist und welche Schwächen er hat

Auch wenn der Funktionstest im Vergleich zu den bestehenden Alternativen sehr gut geeignet ist, die Leistungsfähigkeit eines Sportlers zu beurteilen, birgt er auch einige Schwächen, die man in Kauf nehmen muss. Heute eine Gegenüberstellung dieser Vor- und Nachteile.

In Kollegenkreisen werde ich manchmal als Eigenbrötler bezeichnet, der keine Ahnung von der Leistungsdiagnostik hat. Denn in jeder Trainerausbildung wird von den klassischen Leistungstests gesprochen und nur diese haben laut Lehrplan eine Berechtigung im Sport. In letzter Zeit kommen aber auch andere Trainer auf mich zu, die mit einzelnen Sportlern Probleme mit der Trainingsplanung haben. Sobald nämlich die „objektiven“ Ergebnisse eines Laktattests kritisch hinterfragt werden, steht man vor einem oft unlösbarem Rätsel. Die Lösung in diesen Fällen ist meist eine „subjektive“ Abänderung der Testergebnisse auf ein erwartetes Optimum. Und das mit teils falsch erhobenen Daten! Deshalb habe ich im Funktionstest eine sinnvolle Alternative gefunden. Mit vielen Vorteilen, aber doch auch mit einigen erwähnenswerten Nachteilen:

Vorteile

  • „echter“ Ausdauertest

    Der Sportler ist gut aufgewärmt! Denn nur ein Muskel, der auf Betriebstemperatur ist, kann eine Leistung bringen. Und diese Leistung muss auf Grund der gewählten Distanz bzw. Zeit über den aeroben Stoffwechsel bewältigt werden. Wie hoch der Laktatspiegel dabei ist, interessiert mich wenig! • Stärken- und Schwächenanalyse Aus vielen Parametern kann ich in Bezug auf die sportlichen Ziele beurteilen, wo ein Defizit herrscht bzw. welche Stärken der Sportler bereits mitbringt. Gerade für den Einstieg in ein systematisches Training die wichtigste Aussage!
  • realistische Trainingsherzfrequenzen

    Gemessen wird eine maximale Belastung, bei der die Herzfrequenz sehr hoch ansteigt. Die maximale Herzfrequenz wird mit diesem Test jedoch meistens nicht ganz erreicht, was auch nebensächlich ist! Wichtiger ist jedoch die Dauerleistung des Herzens, mit der der Sportler in der Lage ist, diese Belastung zu bewältigen. Ich weiß, mit welcher Herzfrequenz sich der Sportler tatsächlich belasten kann, und kann so ziemlich genau die Trainingsbereiche ermitteln – unabhängig von der Laktatkonzentration!
  • Beurteilung der Erholungsfähigkeit

    Erholungsfähigkeit = Leistungsfähigkeit = Regenerationsfähigkeit.
    Je besser die unmittelbare Erholung ist, desto ökonomischer ist das Herzkreislaufsystem. Da ich sogar zwei unterschiedliche Parameter der Erholungsfähigkeit aufzeichne, bekomme ich eine noch genauere Abschätzung zur vorhandenen Erholungsfähigkeit.
  • sportartspezifischer Test

    Spezifischer kann ein Test wohl nicht mehr sein. Der Test kann auch für Triathleten am Fahrrad oder natürlich auch im Schwimmen angewandt werden. Erfahrung konnte ich mit diesem Test auch mit Gehern mache. Im Prinzip ist dieser Test für jede Sportart mit kontinuierlicher Belastungsanforderung geeignet. Und da die Vorgabe ist, einen Wettkampf zu simulieren, bekommt man immer eine nahezu vollständige Ausbelastung in seiner Spezialdisziplin.
  • Trainingstyp erkennen

    Ich unterscheide mit diesem Test den „Wettkampftypen“ und den „vorsichtigen Typen. Der erstere schaltet im Extremfall das Hirn ab, sobald er die Aufgabe bekommt, so schnell als möglich zu laufen. Der vorsichtige hingegen wird zu Beginn (zu) langsam laufen und allmählich schneller werden. Am Ende sind aber noch immer genügend Reserven vorhanden, doch keine Zeit mehr, um diese zu verbrauchen. Beide Typen brauchen eine andere Motivation im Training. Als Trainer lerne ich somit auf einfachem Weg den Sportler kennen. 

 Nachteile

  • Trainingserfahrung nötig

    Absolute Anfänger haben es sehr schwer, sich einzuschätzen. Viele überfordern sich und manche wissen überhaupt nicht, wie sie es angehen sollten. Deshalb ist zumindest eine minimale Trainingserfahrung vonnöten. Aber auch gut trainierte Langstreckenläufer tun sich mit derart kurzen Distanzen schwer. Auch in diesem Fall kann der Test unterbewertet ausfallen.
  • Referenzwerte fehlen

    Es gibt dazu keine wissenschaftlichen Überprüfungen. Auch welche Werte gut oder erwartungsgemäß sind, gibt es zurzeit nicht. Das ist auch der größte Kritikpunkt meiner Berufskollegen, die ohne wissenschaftlich überprüfte Referenzwerte wenig damit anfangen können. Deshalb bleiben sie lieber bei der herkömmlichen Leistungsdiagnostik, mit der sie zwar auch nur halbwahre Ergebnisse erhalten, von denen es aber zweifelhafte Vergleichswerte gibt.
  • Auswertung = Interpretation

    Hard Facts (mit Ausnahme der absoluten Leistung) fehlen bei diesem Test. Es bedarf deshalb viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl bei der Interpretation. Ohne ein detailliertes Verständnis zur Leistungsphysiologie ist die Auswertung quasi unmöglich! • keine Detailanalyse möglich Eine Verbesserung der Erholungsfähigkeit um wenige Schläge bedeutet noch keine unmittelbare Verbesserung der Leistungsfähigkeit. Lediglich im Zusammenhang mit anderen Werten (siehe Interpretation) können Fortschritte festgestellt werden.
  • großer zeitlicher Aufwand

    Mit Anamnese, Aufwärmen, Testablauf, Erstbesprechung nach dem Test und der gesamten Auswertung ist für mich als Diagnostiker mit etwa 2 ½ bis 3 Stunden Aufwand zu rechnen. Die sich jedoch auszahlen, wenn dadurch aussagekräftige Daten gesammelt werden können und der Sportler damit eine realistische Trainingsempfehlung erhält!

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