Sonntag, 8. November 2020

Eine Marathonvorbereitung am Fahrrad?

Sehr oft werde ich gefragt, ob es nicht gut und sinnvoll wäre, die eine oder andere Laufeinheit am Ergometer oder am Fahrrad zu ersetzen. Ausdauersport ist Ausdauersport, könnte man meinen? Die Antwort darauf lautet wie so oft „Es kummt drauf an“!

Vor allem der Long Jog ist ja eine riesige Belastung für den Bewegungsapparat! Da macht es doch Sinn, wenn man gerade bei dieser Einheit aufs Fahrrad ausweicht, oder? Der Kreislauf wird trainiert, weil der Puls im richtigen Trainingsbereich ist, doch die Gelenke werden weniger belastet! Es ist zwar richtig, dass es dem Herzkreislaufsystem ziemlich egal ist, wieso die Muskulatur mehr Sauerstoff braucht und das Herz deshalb schneller schlagen muss. Das Herz passt sich darauf an, egal, ob man läuft, eisläuft, langläuft, Rad fährt oder schwimmt! So haben ja Radfahrer und Läufer, oder auch andere Ausdauersportler ähnlich hohe Sauerstoffaufnahmen (VO2max). Doch ein Radfahrer auf Spitzenniveau ist nicht unmittelbar ein guter Läufer...und umgekehrt! Dazu gehört viel mehr als nur die Bestimmung der Sauerstoffaufnahme!

Merke dir jedenfalls:

Nur ein Training in deiner Sportart macht dich in deiner Sportart besser!

Denn jede (Ausdauer)Sportart hat unterschiedliche muskuläre und koordinative Voraussetzungen. Die speziellen beim Laufen sind die großen Belastungsspitzen beim Aufprall, aber auch beim Abstoßen. Solche Extreme hat man beim Radfahren nicht, und genau das würde einem Läufer fehlen, wenn er nur am Rad sitzen würde.

Es stimmt zwar, dass der Fettstoffwechsel, der beim Marathonlauf ja so wichtig ist, auch über andere Ausdauersportarten genauso trainiert werden kann, doch vor allem beim Marathon zählt nicht nur ein ökonomischer Stoffwechsel, sondern auch eine Anpassung des Bewegungsapparates auf derartig lange anhaltenden Belastungen. Und der Körper passt sich naturgemäß nur an jene Reize an, die ihn fordern. Eine Radeinheit kann deshalb niemals den Long Jog ersetzen!

Ein sehr gutes Beispiel dazu ist mir in Erinnerung geblieben: Lance Armstrong lief kurz nach seiner Profikarriere als Radfahrer, mit relativ wenig Lauftraining in New York einen Marathon in knapp unter 3 Stunden. Was für die meisten für uns natürlich eine Wahnsinnszeit ist, doch für den besten Radfahrer der Welt, hätte man doch eine etwas bessere Marathonzeit erwartet, oder? Lance musste im Ziel zugeben: „nothing was as hard as that“!

Dennoch hat es unter bestimmten Umständen einen Sinn, anstelle oder sogar zusätzlich zu einer Laufeinheit aufs Ergometer zu gehen:

Ergometertraining zur Regeneration

Das Laufen bedeutet oft eine große Belastung für den Körper, von der er sich dementsprechend lange erholen muss. Es gibt dazu regenerationsfördernde Maßnahmen, zu denen auch das „Ausradeln nach einer Einheit“ dazugehört. Das Radfahren als Regeneration dient dazu, die Muskulatur zu lockern und vor allem zu durchbluten. Dadurch wird der Wiederaufbau von Strukturen und das Wiederauffüllen der Speicher beschleunigt, ohne die laufspezifische Muskulatur zusätzlich zu belasten. Ein Muss für alle Läufer, die nahezu täglich trainieren!

Ergometertraining bei Verletzungen

Die meisten Marathonläufer sind in ihrer Wettkampfvorbereitung früher oder später einmal verletzt. Ein Muskel ist verhärtet, ein Gelenk zwickt oder eine Sehne schmerzt. Um rechtzeitig eine Überlastung vorzubeugen, ist eine Trainingsreduktion oft unausweichlich…meist die einzig richtige Maßnahme, auch wenn es viele Marathonläufer nicht wahrhaben wollen! In dieser Zeit, in der nicht oder sehr reduziert gelaufen wird, kann ein Ergometertraining (oder Aquajogging!) zumindest einen Leistungsabfall hinauszögern. Die laufspezifische Muskulatur bleibt jedoch verschont, was beim Wiedereinstieg zu berücksichtigen ist! Nicht dass man mit dem Training dort weitermachen kann, wo man vor der Verletzung aufgehört hat!

Ergometertraining als zusätzlicher Trainingsumfang

Doch stimmt es, dass jedes Ausdauertraining den Stoffwechsel trainiert! Wenn es nicht möglich ist, mehr zu laufen, oder wenn du Lust und Zeit für eine zusätzliche Einheit am Ergometer hast, dann nütze sie! Insgesamt zählt nämlich auch die „Nettotrainingszeit“, also die Zeit, die du tatsächlich aktiv bist. Denn gerade für den Marathon ist ein ausgeprägter Fettstoffwechsel besonders wichtig. Manche Läufer, vor allem Anfänger sind nur schwer in der Lage, so langsam zu laufen, dass sie den Fettstoffwechsel effektiv trainieren. Eine Grundlageneinheit am Fahrrad kann in diesen Fällen eine sehr gute Ergänzung für dein Training sein.

Wie ich persönlich dazu stehe:

Ich fahre den Großteil meiner Wege in der Stadt immer mit dem Fahrrad. Ich liebe es, mit dem Rad zu fahren. Ich würde aber nie auf die Idee kommen, eine Laufeinheit darauf zu ersetzen. Ich bin Läufer und bleibe es! Und du?


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3 Kommentare:

  1. Hi Walter, interessanter Beitrag, wie würdest du es sehen wenn die Hauptdisziplin e.g. 800 Meter ist ... auch ich mache 15-18 km Longjogs .. wäre es da eine Überlegung einen Teil auf einem ergometer zu absolvieren ? Mein Bewegungsapparat muss ja kein 42 Km aushalten 😀

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    1. Weiß nicht warum es anonym ist, habe mein Google Konto angegeben ... anyway, es ist joseph 😀

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    2. ...und ob sich das auszahlen würde! Vor allem musst du bedenken, dass du in deiner Disziplin teilweise sehr hohe Intensitäten hast, von denen du dich erholen musst. Wenn du die Basis dann (ausschließlich) im Laufen machst, kann es bald zu viel für den Körper werden...und wir werden nicht jünger ;-)

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