Nicht dass du jetzt meinst, du sollst deine Laufsachen ausziehen und zu einem Laufnudisten werden. Manche hätten vielleicht ihren Spaß dabei, die meisten würden das jedoch nicht so ansehnlich finden. Ganz abgesehen davon, du wirst lediglich ein öffentliches Ärgernis provozieren und Probleme mit der Polizei bekommen. Ich meine, du sollst einmal pro Woche ohne Pulsuhr laufen.
Laufen ohne Uhr
Nackt laufen ist
deshalb gemeint, weil viele Läufer beinahe gar nicht mehr ohne Pulsuhr laufen
können. Fehlt sie am Handgelenk, fühlt man sich nackt und unbeholfen. Die
Pulsuhr gehört zur Ausrüstung wie die Laufschuhe oder das Funktionsshirt. Erst
wenn man die Schuhe ordentlich geschnürt und GPS-Empfang hat, ist man bereit
zum Laufen. Beim Laufen selbst schaut man ständig auf die Uhr und versucht die
Intensität perfekt einzuhalten und macht sich damit manchmal sogar verrückt. Langfristig
entsteht dadurch eine Abhängigkeit, mit der man sich tatsächlich schwertut,
ohne digitale Anzeigen in der richtigen Intensität zu trainieren.
Hör auf deinen Körper
– er sagt dir, wie du zu laufen hast:
- a1 – es soll dir etwas zu langsam sein, du möchtest gerne etwas schneller laufen, du musst dich bewusst zurückhalten. Nach dem Lauf bist du jedenfalls nicht wirklich gefordert, es sei denn, du warst sehr lange unterwegs.
- a2 – das fühlt sich gut an, das ist dein Wohlfühltempo, das du glaubst, ewig durchlaufen zu können. Nach einiger Zeit merkst du aber doch, dass es anstrengender wird.
- a3 – da musst du schon etwas Druck machen, auch wenn das Tempo zumindest für eine Stunde doch noch relativ leicht zu halten ist. Zum Schluss bist du aber froh, dass es vorüber ist.
- a4 – nur mit größter Motivation kannst du das Tempo aufrechterhalten, die Beine brennen und der Herzschlag ist bis in die Schläfen zu spüren. Das Tempo kannst du nur wenige Minuten halten.
Dazu musst du aber
auch die gefühlte Intensität mit der tatsächlichen eichen. Wenn du hin und
wieder einmal ohne Liveangaben zu deinem Training läufst, wirst du eine
deutlich bessere Selbsteinschätzung und besseres Tempogefühl bekommen, was
natürlich auch für den Wettkampf von Vorteil ist.
Klebe zum Einstieg in
das „nackte Laufen“ deine Laufuhr ab, damit du weder Puls noch Pace noch
sonstige Informationen erhältst. Im Nachhinein kannst du kontrollieren, wie
weit du von der Vorgabe entfernt warst. Ich versichere dir, du wirst nicht weit
davon weg sein! Mit der Zeit wirst du bei den Pflichteinheiten, in denen du
meist nur in a1 oder a2 läufst, nicht mehr auf die Uhr achten müssen und
vielleicht sogar ganz darauf verzichten können, weil du merkst, dass gerade
diese Trainingseinheiten einen besonderen Wert bekommen, wenn man nicht ständig
auf die Uhr schauen muss.
Laufen ohne Puls
Das ständige
Kontrollieren der Pulsuhr und der Versuch, den Puls auf den Schlag genau einzuhalten,
kann zum Zwang werden. Mach dir keinen zu großen Stress mit den Pulszonen, es
passiert nichts, wenn du 5 Schläge mehr oder weniger hast als vorgegeben. Das
Training wirkt trotzdem! Eine neue Erfahrung wird aber sein, wenn du ohne
Brustgurt läufst. Spätestens jetzt wirst du verstehen, was es heißt, nackt zu
laufen.
Und wenn du bereits
mit einer Pulsuhr läufst, die den Herzschlag am Handgelenk misst, dann solltest
du sowieso entspannter an die Sache gehen. Da du mit diesen nie zu 100% sicher
sein kannst, dass der Puls richtig angezeigt wird, kannst du ja eigentlich
gleich darauf verzichten.
Laufen ohne Kopfhörer
Zum Nacktlaufen gehört
für mich aber auch den Kopf frei zu haben. Es ist natürlich praktisch, die
laufende Zeit mit Musik, Hörbüchern oder Podcasts zu nützen. Es lenkt aber ab
und du kannst dich nicht so gut auf deinen Körper befassen, oder die Gegend und
die Natur genießen.
Mit dem Nacktlaufen
wirst du viel entspannter laufen, viel weniger Druck haben, du wirst aber auch
die Umgebung viel intensiver wahrnehmen. Es wird deine Qualitätszeit sein, in
der du deine Gedanken sortierst und energiegeladen nach Hause kommst. Wenn du
dieses Gefühl immer wieder hast, dann werden dir die „schweren
Trainingseinheiten“ vielleicht auch etwas leichter fallen, wahrscheinlich sogar
Spaß machen. Du wirst bei den restlichen Einheiten motivierter und
leistungsbereiter sein. Die Trainingsqualität steigt dadurch natürlich. Mit
weniger Trainingsaufwand, dieselbe Leistung erreichen – oder vielleicht sogar
noch besser werden als bisher? Und das nur, weil du manchmal nackt läufst!
Interessieren dich noch
mehr „nackte Tatsachen“? Dann trage dich in meinem Mailverteiler ein und du
bist am Laufenden.
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