Ich als bekennender
Anhänger des Polarismus
bin natürlich höchst erfreut, dass Polar nach mehr als vier Jahren eine neue
Pulsuhr im obersten Segment auf den Markt bringen konnte. So gut sich auch die
V800 in dieser Zeit entwickelt hatte, es bedarf eines Upgrades. Pulsmessung am
Handgelenk ist bereits Standard, Navigation und smarte Funktionen nicht mehr
wegzudenken. Polar möchte technisch aufholen und präsentiert eine Uhr „Entwickelt von Profis für
Profis und alle, die genauso trainieren“.
Unboxing und Inbetriebnahme
Schön, dass sich Polar
auch für das Design der Verpackung Gedanken gemacht hat. Gefällt mir sehr gut,
wie sie in die Box eingebettet wurde. Weiters war natürlich das Ladekabel dabei
(schon wieder ein neues System!) und eine Kurzbeschreibung zur Inbetriebnahme.
Eine detaillierte Beschreibung war jedoch nicht dabei, was offenbar nirgends
mehr mitgeliefert wird. Google den Link zur Bedienungsanleitung, in der
Kurzanleitung ist er nur schwer zu finden.
Auch wenn die
Installation der Polaruhren kinderleicht ist, ich hatte erst Probleme, die
Vantage V mit dem Handy zu koppeln. Nach mehrmaligen Versuchen konnte meine Uhr
das I-Phone noch immer nicht finden. Erst als ich die bereits im System
verbundene V800 entfernte, war ein Koppeln möglich. Das sollte eigentlich nicht
sein, oder?
Praxistest
Wer Polaruhren gewohnt
ist, wird sich auch mit der Vantage sofort auskennen. Die Bedienung ist auch
für Neulinge selbsterklärend. Auch das gesamte Menü entspricht zur Gänze der
V800 und bringt eigentlich keine neuen Features mit sich. Im Gegenteil, manche
Funktionen sind vom Menü sogar gestrichen worden.
Nach einer kurzen,
aber intensiven Testphase konnte ich mir ein erstes Bild von der Uhr machen. Sechs
Tage sind nicht gerade lange, aber einen Überblick konnte ich gewinnen. Der
Dauertest muss aber erst in den nächsten Monaten durchgeführt werden. Du wirst
hier in den nächsten Monaten immer wieder einmal ein Update finden, vor allem
weil Polar in nächster Zeit auch einige Firmware-Updates
plant.
Pulsmessung
Gewöhnungsbedürftig!
Wie mit allen anderen Pulsuhren, die die Herzfrequenz über das Handgelenk
messen. Beim ersten Versuch zeigte mir die Uhr absolut unrealistische Werte an.
Erst durchs (sehr) enge Schnüren der Uhr und die Positionierung knapp hinter
dem Handgelenk bewirkten eine einigermaßen realistische Pulsmessung. Eng heißt
hier aber wirklich eng!
Neugierig war ich
natürlich, ob die Pulswerte beim Laufen einigermaßen brauchbar sind, denn bei
meinem letzten Versuch mit der M200
kam kein gutes Ergebnis heraus. Zumindest an meinem Handgelenk.
Bei einem gemütlichen
Dauerlauf trug ich sowohl die Vantage V, als auch die V800 mit dem Brustgurt,
den ich als Referenzwert annehme. Insgesamt zeigten beide Aufzeichnungen zwar
einen Durchschnittspuls von 117 Schlägen, doch sieht man, dass bei der Vantage
einige Bereiche ziemlich ausreißen und deutlich größere Schwankungen aufweisen
als bei der V800.
Beim nächsten Lauf,
einem Steigerungslauf (nach 10min einlaufen, alle 5min eine Steigerung um
30sek/km), waren beide Aufzeichnungen nahezu ident. Sobald es jedoch sehr
intensiv wurde, fiel die Pulsaufzeichnung bei der Vantage V mehr oder weniger
aus. Kann es sein, dass die Uhr bei schnelleren Bewegungen nicht mehr mitkommt?
Ähnliches zeigte die
Aufzeichnung auch bei einem Geländelauf. Im ruhigeren Bereich entsprach die
Pulsaufzeichnung der Vantage V ungefähr die der V800, sobald es aber etwas
anstrengender wurde, kam der Puls nicht mehr nach. Wenn die Vantage V ständig
solche Pulsaufzeichnungen liefert, kann man die Ergebnisse sicher nicht
gebrauchen.
24 Stunden Pulsmessung
Neu bei der Vantage V
ist die ständige Pulsmessung, die als Belastungsindex zusätzlich zum
Aktivitätstracker herangezogen werden soll. Damit erwartet man sich eine noch
genauere Bewertung der Gesamtbelastung. Eine durchaus gut durchdachte Funktion,
wenn die Pulsmessung tatsächlich funktioniert.
Bei mir zeigte die Uhr
beim Arbeiten am Schreibtisch ständig einen Puls um die 130 Schläge an (in der
Grafik von 10:45 bis 11:15 Uhr und von 12:30 bis 13:15 Uhr), was die Uhr als
„Training“ interpretierte. Klar ist, dass ich dann gleich nach kurzer Zeit in
einem nachhaltigen „überfordernden Zustand“ gekommen bin, ohne dass ich mich
einen Schritt bewegte. Gute Idee, doch nicht brauchbar. Finde ich sehr schade!
Messung im Schlaf
Die 24-Stunden
Pulsmessung ist natürlich auch im Schlaf interessant. Hier hat die Aufzeichnung
übrigens sehr gut funktioniert. Ein weiteres neues Feature, das mit der Polar
Vantage aufgenommen wird, ist die Schlafdauer, was bisher auch schon
aufgezeichnet wurde, aber auch die tatsächliche Schlafqualität.
Hier sieht man genau die Schlafunterbrechungen, die man beim Schlafen selbst nicht wahrnimmst. Die Schlafqualität wird anhand der Anzahl und der Dauer der Unterbrechungen bewertet. Im Training kann das eine gute Hilfe zum Erkennen eines Übertrainings dienen. Auch über einen längeren Zeitraum kann die durchschnittliche Schlafdauer leicht grafisch dargestellt werden. Finde ich sehr gut!
Wattmessung
Ich verwende ja schon
seit knapp zwei Jahren den Stryd-Foodpad,
der die Leistung auch beim Laufen misst. Ein sehr zuverlässiges Tool, das sehr
konstante Daten zur Leistung beim Laufen ermittelt, auch wenn man die absoluten
Werte hinterfragen sollte. Mit der Vantage V soll nun auch die Leistung beim
Laufen am Handgelenk messbar gemacht werden. Aus dem eingegebenen Gewicht, den
GPS-Daten und dem Barometer berechnet die Uhr die aktuelle Leistung, mit der
man unabhängig von der Topografie einen konstanten Trainingsreiz setzen kann. Wieso
diese Funktion nicht schon bei der V800 eingesetzt wurde, ist mir nicht klar. Diese
Daten werden ja schon längst auch vom Vorgängermodell aufgezeichnet und man
bräuchte in der Software nur eine kleine Rechenfunktion hinzufügen. Wahrscheinlich
wollte Polar wohl ein „besonderes Feature“ mit der neuen Uhr einführen. Nur
wissen wir, dass Berechnungen immer eine große Fehleranfälligkeit haben. Umso
größer wird die Fehlerquelle, wenn die in die Berechnung einfließende
Geschwindigkeit vom Empfang des GPS abhängig ist – große Schwankungen sind
vorprogrammiert.
Die Praxis zeigte: Einerseits
sind die Absolutwerte sehr überzogen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich
bei einem 5:00min-Pace eine Leistung von 330 Watt haben soll. Andererseits sind
die aktuell angezeigten Werte dermaßen großen Schwankungen ausgesetzt, dass es
für den eigentlichen Sinn, mit einer konstanten Belastung zu trainieren, auch
nicht von Nutzen sind.
Meiner Meinung nach
wäre die Wattmessung für ein Techniktraining sehr interessant, aber nur, wenn sie
verlässliche Werte bringt. Welche Auswirkungen hat ein Schrittfrequenztraining
auf die tatsächliche Leistung? Wie verhält sich die Leistung bei einem Fersen-
oder einem Vorfußlauf? Das alles kann man mit dieser Uhr nicht feststellen, da
die Berechnung wie erwähnt nur die Höhenunterschiede, das Tempo und das Gewicht
einbezieht. Auch die Windverhältnisse können dadurch nicht berücksichtigt
werden. Stryd ist da noch um Welten voraus, da bei diesem Fußsensor die
tatsächliche Beschleunigung bzw. der Abdruck gemessen wird. Direkt und nicht
über Berechnungen.
Beim direkten
Vergleich der Polar Vantage V und dem Stryd (gekoppelt mit der V800) zeigt bei
diesem kurzen Intervalltraining, dass die Leistung sehr instabil ist. Es gab
Schwankungen von 100 Watt in wenigen Sekunden. Im Schnitt hat die Polar Vantage
394 Watt angezeigt, Stryd nur 244 Watt
Dasselbe Ergebnis gab
es beim bereits oben erwähnten Steigerungslauf. Je höher das Tempo wurde, desto
instabiler wurde auch die Wattmessung.
Eigentlich erwartete
ich bei einem Geländelauf im Wald mit ca. 300 Höhenmetern noch deutlich
schlechtere Ergebnisse, da das GPS schlechter ist und die Distanzen so noch
größeren Schwankungen ausgesetzt sind. Abgesehen von der deutlich höheren
Leistung lieferte diese Messung mit ein paar Ausreißern zur Überraschung deutlich
stabilere Werte.
Weiters positiv aufgefallen:
- Design ist zwar Geschmacksache, aber mir gefällt sie sehr
- Sehr schnelle GPS-Verbindung
- Schnelle Übertragung der Daten via Smartphone
- Auch der Ladevorgang dauerte nicht sehr lange
- Der Akku hält gefühlt ewig
Weiters negativ aufgefallen:
- Die Distanz war bei jedem Lauf etwa 3 bis 4% kürzer als bei der V800
- Das Vibrieren ist deutlich schwächer als bei der V800 - zu schwach. Da ich mich von der Uhr wecken lasse, werde ich wohl nicht aufkommen.
- Die Anzeige ist nicht sehr gut, auch nicht mit Beleuchtung (Kontrast)
- Praktisch ist zwar, dass sich das Licht automatisch einschaltet, wenn man auf die Uhr sieht. Das macht sie leider auch in der Nacht und wird bald lästig.
- Sehr eng muss die Uhr geschnürt werden, damit der Puls einigermaßen funktioniert, was bei der 24-Stunden Aufzeichnung mühsam wird
Zusammenfassung:
Die Polar Vantage V kommt
mit einigen sehr interessanten und vielversprechenden Features, mit denen man
das Training noch besser analysieren und steuern kann, auf dem Markt. Genau das
erwartet man (zumindest ich erwarte mir das) von Polar, die für ihre
Trainingsuhren bekannt sind. Doch leider sind die großen Innovationen
(Handgelenksmessung und Wattmessung) nur eingeschränkt anwendbar. Es hat keinen
Sinn, zwanghaft Daten zu sammeln, die entweder falsch gemessen werden (Puls und
Watt) oder die eigentliche Funktion nicht erfüllen (Bewertung der Belastung
durch 24-Stunden Aufzeichnung). Damit kommt man nur in die Kategorie: „wer viel
misst, misst Mist“.
Unterm Strich ist die
Vantage V lediglich eine kleine Weiterentwicklung der bisherigen V800, vor
allem im Design. Vergleicht man die beiden Uhren, findet man auch nur wenige
Funktionsunterschiede. Eine eingeschränkte Handgelenksmessung, die bei
alltäglichen Trainingseinheiten sicher ganz praktisch ist, wenn man das Armband
sicherheitshalber noch um ein Loch enger schnürt. Der Pulsgurt bleibt einem
aber nicht erspart, wenn man den Puls genau messen, und vor allen, wenn man
intensiv trainieren möchte.
Besonders wichtig war
auch die Verbesserung der Akkuleistung. Auch wenn die versprochenen 40 Stunden
Trainingsaufzeichnung in der Praxis wohl nicht erreicht werden, der Akku ist
auf alle Fälle sehr leistungsstark und es wird keine Probleme geben, wenn man einmal
einen längeren Lauf unternimmt, oder mal vergisst, den Akku aufzuladen. Die
Ladezeit ist übrigens auch erstaunlicherweise sehr kurz. Abzuwarten ist jedoch,
ob der Kontakt des neuen Ladekabels auch den Dauertest besteht. Sobald aber
zusätzliche Funktionen aktiviert werden, wird die Laufzeit stark reduziert. Vor
allem die 24-Stunden Pulsmessung zieht viel Saft aus der Uhr.
Polar Vantage V (ohne
Brustgurt um €
500,--) kann im Vergleich zur Vantage M (ohne Brustgurt um € 270,--) nicht
so viel mehr, dass es den knapp doppelten Verkaufspreis rechtfertigen könnte. Grob
kann man sagen, dass die Vantage V etwas schwerer ist, Wattmessung und ein
Barometer hat, eine länge Akkulaufzeit verspricht, und mit einem der ersten
Updates eine Routenführung ermöglicht. Doch glaube mir, der Preis wird in den
nächsten Wochen stark fallen (müssen).
Erstaunlicherweise
gibt es mit den nächsten Updates auch die „Stoppuhr-Funktion“. Bin neugierig,
was das für eine Neuheit ist, für die man so lange programmieren muss?!
Tipp der Woche
Für Läufer die Uhr mit dem besten Preis-Leistungs Verhältnis
Vielen Dank für den Test. Eine Frage habe ich zu der Aussage "Die Distanz war bei jedem Lauf etwa 3 bis 4% kürzer als bei der V800": Dabei stellt sich mir die Frage, welche der angezeigten Distanzen eher bei der Realität liegt?
AntwortenLöschenHast du die beiden mal auf einer Laufbahn gleichzeitig getragen und bist damit gewisse Distanzen auf der vermessenen (400m) Bahn gelaufen?
Die Ergebnisse würden mich sehr interessieren!
Ich habe leider keinen direkten Vergleich auf der Laufbahn. Bei dem Vergleich mit der V800 war die Vantage offensichttlich nicht auf der eigentlichen Strecke. Ich nehme aber an, dass es noch ein anfängliches Leiden der Software war, denn ich hab in der letzten Zeit die vermessenen Kilometer auf der Hauptallee rausgestoppt, und die waren nahezu richtig. Ich beobachte es aber noch...
LöschenHallo! Vielen Dank für den interessanten Testbericht! Ich besitze nun auch die Uhr und bei einem ersten gleichmäßigen Lauf (gleichzeitig wurde ein m430 mit Brustgurt getragen) waren die Herzfrequenz Werte 10 bis 40 Schläge unter denen vom Brustgurt. Haben Sie die Erfahrung auch gemacht? Beim nächsten Mal werde ich Ihren Tipp mit dem engen anschnallen bedenken und hoffe auf präzisere Werte.
AntwortenLöschenNach meiner bisherigen Erfahrung, funktioniert die Handgelenksmessung (sofertn die Uhr richtig positioniert und ausreichend eng geschnürt ist) bei manchen sehr gut, bei manchen gar nicht. Bei schnellen Intensitätswechseln scheitert sie meistens. Ich verwende die Uhr jetzt wieder IMMER mit Brustgurt...somit kann ich mich auf die Werte verlassen.
LöschenDieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschenHallo Walter, gibt es von dir einen Updatebericht zur Polar Vantage V? Welche Gegenargumente konntest du inzwischen betreffend der Garmin Forerunner/Fenix sammeln? Hat sich im letzten Jahr deine Meinung Pro Polar erhöht/reduziert? Liebe Grüße
AntwortenLöschenIch bleibe noch immer Polar treu und werde es wohl noch sehr lange bleiben, auch wenn die Vantage V technisch sicher nicht mit Garmin mithalten kann. Der größte Unterschied bleibt bei der Software - die wird bei Polar ständig weiterentwickelt und liefert genau die Daten, die ich als Trainer brauche...und das unkompliziert. Garmin macht sich darüber wohl keine Gedanken und konzentriert sich auf Features, die sich von anderen abheben, die aber (wenn sie überhaupt einen Wert fürs Training haben) nicht ausgewertet werden. Deshalb: http://www.runtasia.info/2018/09/zwei-weltanschauungen-polarismus-vs.html
LöschenDie Verarbeitungsqualität von Garmin kann aus meiner Sicht bei gleicher Preisrange mit Polar nicht mithalten und die Fenix-Serie ist dann schon deutlich teurer. Ich habe mich dann für die Polar Vantage V Titan entschieden. Der Aufpreis für die Titan-Version ist reine Geschmackssache. Fakt ist aber, dass die Anbindung zu FlowPolar super funktioniert hat und ich inzwischen Rad, Wander- und Laufeinheiten damit absolviert habe. Bis jetzt gibt es keinen Negativpunkt zu berichten. Wer gerne hinausgeht in die Natur wird wohl Garminuser sein, wer ein richtiger Läufer ist bleibt bei Polar ;-) lg CheesecakeRunner
AntwortenLöschenGenau so ist es 😉
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