Die richtigen
Laufschuhe sind deshalb wichtig, damit du orthopädische und physische Defizite
etwas ausgleichen kannst. Wenn du zum Beispiel bei jedem Schritt im
Sprunggelenk einknickst, dann werden Bereiche belastet, die eigentlich für die
Laufbewegung nicht vorgesehen wären. Durch diese Ausweichbewegungen werden
diese Bereiche langfristig überlasten und eine Verletzung zwingt dich zu einer
Laufpause. Die richtigen Schuhe unterstützen also einen guten Laufstil bzw. sie
verhindern, dass du schlecht läufst. Möge man meinen!
Langfristig gesehen
verlässt sich der Körper auf diese Unterstützungen und sieht keinen Anlass, die
nötige Muskulatur zu stärken. Jede passive Unterstützung kann kurzfristig ein
Problem beseitigen, aber es kann nie eine langfristige Lösung sein. Dasselbe
gilt übrigens auch für Orthesen (z. B. das Laufen mit einem Kniestrumpf) oder für
Schuheinlagen. Solange das Problem nicht strukturell ist oder eine wenn bereits
eine degenerative Erscheinung auftritt, kann man alles muskulär stützen, sofern
man die nötigen Muskeln auch trainiert. Mit den „richtigen“ Laufschuhen
passiert langfristig jedoch das Gegenteil.
Die richtigen
Laufschuhe unterstützen einen schlechten Laufstil
Weil die Schuhe so
bequem sind und sie viele körperlichen Defizite ausgleichen, verlässt sich der
Körper auf diese Unterstützung. Langfristig werden die zum Laufen nötigen
Muskeln immer schwächer und es ist nur noch die Frage der Zeit, bis eine
Überlastung auftritt. Diese vermeintlich richtigen Laufschuhe sind auch meist
etwas schwerer und haben deutlich mehr Dämpfung im Fersenbereich. Wie wir in einem der letzten Videos schon erfahren haben, verändert sich die
Statik des Laufschuhs, wenn Material unter der Ferse eingelagert wird. Der
Aufprall wird dadurch zwar reduziert, der starke Aufprall und die damit verbundene
Bremswirkung bleibt aber bestehen. Außerdem bewirkt dieser Absatz, dass man
noch früher auf der Ferse aufkommt, da durch diesen Fersenkeil der Abstand zum
Boden noch einmal reduziert wird. Somit dämpfen diese Laufschuhe den Aufprall
zwar ab und das Knie wird weniger belastet, sie unterstützen aber auch einen
schlechten, schlurfenden Laufstil.
Die richtigen
Laufschuhe für Laufeinsteiger
Die allgemeine
Empfehlung für Laufanfänger ist meist, dass zu Beginn das Wichtigste die
richtigen Laufschuhe sind. Läuft man mit den falschen Schuhen, besteht ein sehr
großes Risiko, sich nach wenigen Wochen eine Verletzung einzulaufen. Und weil
die Laufanfänger nichts falsch machen möchten, laufen sie bevor sie zum Laufen
beginnen, zum Laufschuhgeschäft und lassen sich dort beraten, damit sie den für
sie perfekten Laufschuh finden. Dort werden sie womöglich auf ein Laufband
gestellt (sie können ja noch nicht einmal auf der Straße laufen) und das
Ergebnis wird höchstwahrscheinlich eine Überpronation sein. Da der Laufanfänger
1) relativ langsam laufen wird und 2) die nötigen Muskeln für die Laufbewegung
noch nicht trainiert hat, wird er mit der Ferse aufprallen und instabil im
Sprunggelenk sein. Die stabilen Schuhe, die Laufanfänger meistens verschrieben
bekommen, stabilisieren die Gelenke und ermöglichen ein schonendes Laufen, wird
ihnen mit den verkauften Stabilschuhen erklärt. Und die oben erwähnte Prägung
auf einen schlechten Laufstil beginnt.
Laufanfänger
brauchen keine richtigen Laufschuhe!
Wenn man mit dem
Laufen beginnt, ist der erste Schnitt nicht der Besuch des Laufschuhgeschäfts,
sondern die Teilnahme an einem Technikseminar. Je früher, desto besser! Noch bevor man einen
schlechten Laufstil prägt, kann man von Beginn an die richtigen Reize setzen,
damit die nötige Muskulatur aufgebaut wird. Das Verletzungsrisiko ist bei
Laufanfängern nicht so hoch, wie in so manchen Laufmagazinen zu lesen ist oder wie
Laufexperten oder Laufgeschäfte es uns glauben lassen. Denn einerseits werden
Beginner nicht weit laufen (können), was die Gesamtbelastung niedrig hält,
andererseits sieht ein Trainingsplan für einen Anfänger vor, mindestens einen Tag Pause zwischen jeder
Laufeinheit einzuhalten. Wenn das berücksichtigt wird, kann sich der Körper von
so einer derartigen Belastung immer erholen und kann sich natürlich auch darauf
anpassen. Was ja das eigentliche Ziel ist. Wenn Anfänger jedoch versuchen, so
schnell es geht, immer weiter zu laufen, werden auch die richtigen Laufschuhe
eine Überlastung nicht vermeiden können. Ganz abgesehen davon, es wird umso
aufwendiger, den Laufstil zu ändern, je mehr Kilometer in den Beinen sind.
Fortgeschrittene
Läufer brauchen (auch) andere Laufschuhe
Je länger man bereits
gelaufen ist, desto mehr ist der bestehende Laufstil „eingelaufen“. Jede
Bewegung ökonomisiert sich, wenn sie immer wieder wiederholt wird. Das gilt
sowohl fürs Zähneputzen als auch für jede einzelne Sportart. Wenn eine Bewegung
neu ist, ist die Koordination, also das Zusammenspiel der Muskeln noch nicht so
präzise. Zu Beginn lernt jede einzelne Muskelfaser, wann sie, in welcher
Reihenfolge und mit welcher Intensität anspannen muss. Mit den Wiederholungen
ökonomisiert sich dieser Ablauf und wird stabil. Für uns Läufer heißt es aber
nicht, dass dieser ursprünglich erlerne, stabile Ablauf der Laufbewegung auch
der richtige ist. Denn wenn man einen schlechten Bewegungsablauf oft genug wiederholt,
wird auch dieser geprägt. Das passiert zum Beispiel auch, wenn man zum Beispiel
länger an einer Verletzung leidet und der Körper dadurch eine Schonhaltung
einnimmt. Langfristig wird man diese Schonhaltung noch immer einnehmen, auch
wenn die Verletzung bereits ausgeheilt ist.
Wenn nun ein
Laufanfänger von Beginn an mit den stabilen Schuhen läuft, wird er natürlich
auch besser werden. Der Körper verlässt sich zwar auf die Unterstützung, wird
aber weiter und auch besser laufen können. Irgendwann wird aber die
Leistungsentwicklung stagnieren, der Trainingsumfang wir so hoch sein, dass
sich immer öfters erst kleine, dann größere Überlastungen einschleichen.
Spätestens dann überlegen sich viele ambitionierte Läufe, doch einmal etwas mit
der Lauftechnik auszuprobieren. Nicht unnötig, aber doch sehr späte, da der Laufstil
bereits sehr stark geprägt ist.
Diese Läufer brauchen
natürlich noch immer die richtigen Laufschuhe, die ihre Defizite ausgleichen.
Sollten diese Läufer versuchen, bei gleichem Trainingsumfang mit leichten Laufschuhen
zu laufen, würden sie sich sehr schnell überlasten. Dennoch sollten sie ein
sehr leichtes Paar Laufschuhe besitzen, mit denen sie ihr wöchentliches
Lauftechniktraining bestreiten oder mit denen sie sehr kurze, knackige
Einheiten laufen. So bekommt der Körper langsam neue Reize, auf die er sich
anpassen kann, ohne sich nachhaltig zu überfordern. Langfristig wird sich
sowohl der Laufstil als auch das Laufgefühl derartig verändern, dann man mit
den bisher gewohnten „richtigen“ Laufschuhen nicht mehr laufen will/kann.
Doch Achtung! Diese
Änderung braucht Zeit, vor allem erfahrene Läufer, die beginnen, an der
Lauftechnik zu arbeiten, müssen sehr viel Geduld mitbringen. Mehr noch als
Laufanfänger, denn langjährige Läufer wissen, wie’s läuft, und können auch
dementsprechend lange laufen. Mit der Änderung des Laufstils wird man im ersten
Schritt sogar anfälliger auf Verletzungen werden, weil man den altbewährten
Bewegungsablauf verlässt und anders als gewohnt läuft. Dazu gehört ein gewisser
Mut, den Trainingsumfang kurzfristig etwas zu reduzieren und einen lauftechnischen
Schwerpunkt in der Trainingsplanung berücksichtigt.
Sofern man jedoch keine
Absicht hat, im Laufen besser zu werden oder sogar einen Marathon zu laufen,
solange man lediglich zwei Mal pro Woche ein paar Kilometer zum Hirndurchlüften
laufen geht, braucht man sich keine Gedanken darüber machen, wie der Laufstil
aussieht oder mit welchen Laufschuhen man läuft. Man wird sich weder
überlasten, noch muss man den Laufstil zwanghaft ökonomisieren. Die meisten Läufer
werden aber früher oder später vielleicht doch noch ambitionierte Ziele
erreichen wollen und spätestens dann wird eine ordentliche Lauftechnik nötig.
Es zahlst sich als immer aus, etwas Zeit des Lauftrainings in die Lauftechnik
zu investieren. Nicht nur damit man besser wird, sondern weil es auch Spaß
macht.
In meinem neuen Buch erfährst du, wie Läufer ticken, welche Laster sie haben und wie man mit ihnen umgehen musst. Du wirst dich in vielerlei Hinsicht wiedererkennen...sofern du ein "echter Läufer" bist.
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