Sonntag, 26. Juli 2020

Wie Laufschuhe deinen Laufstil (positiv) prägen

Wir wissen, dass wir die richtigen Laufschuhe für unseren aktuellen Laufstil brauchen, damit wir uns nicht verletzen. Jeder kennt das Gefühl, wenn die alten Laufschuhe ausgelaufen sind und man die erste Runde mit den neuen Schuhen dreht: man läuft wie auf Wolken. Doch diese richtigen Schuhe unterstützen meist einen schlechten Laufstil! Deshalb brauchst du neben deinen richtigen Laufschuhen auch ein Paar falsche.


Die richtigen Laufschuhe sind deshalb wichtig, damit du orthopädische und physische Defizite etwas ausgleichen kannst. Wenn du zum Beispiel bei jedem Schritt im Sprunggelenk einknickst, dann werden Bereiche belastet, die eigentlich für die Laufbewegung nicht vorgesehen wären. Durch diese Ausweichbewegungen werden diese Bereiche langfristig überlasten und eine Verletzung zwingt dich zu einer Laufpause. Die richtigen Schuhe unterstützen also einen guten Laufstil bzw. sie verhindern, dass du schlecht läufst. Möge man meinen!

Langfristig gesehen verlässt sich der Körper auf diese Unterstützungen und sieht keinen Anlass, die nötige Muskulatur zu stärken. Jede passive Unterstützung kann kurzfristig ein Problem beseitigen, aber es kann nie eine langfristige Lösung sein. Dasselbe gilt übrigens auch für Orthesen (z. B. das Laufen mit einem Kniestrumpf) oder für Schuheinlagen. Solange das Problem nicht strukturell ist oder eine wenn bereits eine degenerative Erscheinung auftritt, kann man alles muskulär stützen, sofern man die nötigen Muskeln auch trainiert. Mit den „richtigen“ Laufschuhen passiert langfristig jedoch das Gegenteil.

https://youtu.be/wjTjZAqAPrw


Die richtigen Laufschuhe unterstützen einen schlechten Laufstil
Weil die Schuhe so bequem sind und sie viele körperlichen Defizite ausgleichen, verlässt sich der Körper auf diese Unterstützung. Langfristig werden die zum Laufen nötigen Muskeln immer schwächer und es ist nur noch die Frage der Zeit, bis eine Überlastung auftritt. Diese vermeintlich richtigen Laufschuhe sind auch meist etwas schwerer und haben deutlich mehr Dämpfung im Fersenbereich. Wie wir in einem der letzten Videos schon erfahren haben, verändert sich die Statik des Laufschuhs, wenn Material unter der Ferse eingelagert wird. Der Aufprall wird dadurch zwar reduziert, der starke Aufprall und die damit verbundene Bremswirkung bleibt aber bestehen. Außerdem bewirkt dieser Absatz, dass man noch früher auf der Ferse aufkommt, da durch diesen Fersenkeil der Abstand zum Boden noch einmal reduziert wird. Somit dämpfen diese Laufschuhe den Aufprall zwar ab und das Knie wird weniger belastet, sie unterstützen aber auch einen schlechten, schlurfenden Laufstil.

Die richtigen Laufschuhe für Laufeinsteiger
Die allgemeine Empfehlung für Laufanfänger ist meist, dass zu Beginn das Wichtigste die richtigen Laufschuhe sind. Läuft man mit den falschen Schuhen, besteht ein sehr großes Risiko, sich nach wenigen Wochen eine Verletzung einzulaufen. Und weil die Laufanfänger nichts falsch machen möchten, laufen sie bevor sie zum Laufen beginnen, zum Laufschuhgeschäft und lassen sich dort beraten, damit sie den für sie perfekten Laufschuh finden. Dort werden sie womöglich auf ein Laufband gestellt (sie können ja noch nicht einmal auf der Straße laufen) und das Ergebnis wird höchstwahrscheinlich eine Überpronation sein. Da der Laufanfänger 1) relativ langsam laufen wird und 2) die nötigen Muskeln für die Laufbewegung noch nicht trainiert hat, wird er mit der Ferse aufprallen und instabil im Sprunggelenk sein. Die stabilen Schuhe, die Laufanfänger meistens verschrieben bekommen, stabilisieren die Gelenke und ermöglichen ein schonendes Laufen, wird ihnen mit den verkauften Stabilschuhen erklärt. Und die oben erwähnte Prägung auf einen schlechten Laufstil beginnt.

Laufanfänger brauchen keine richtigen Laufschuhe!
Wenn man mit dem Laufen beginnt, ist der erste Schnitt nicht der Besuch des Laufschuhgeschäfts, sondern die Teilnahme an einem Technikseminar. Je früher, desto besser! Noch bevor man einen schlechten Laufstil prägt, kann man von Beginn an die richtigen Reize setzen, damit die nötige Muskulatur aufgebaut wird. Das Verletzungsrisiko ist bei Laufanfängern nicht so hoch, wie in so manchen Laufmagazinen zu lesen ist oder wie Laufexperten oder Laufgeschäfte es uns glauben lassen. Denn einerseits werden Beginner nicht weit laufen (können), was die Gesamtbelastung niedrig hält, andererseits sieht ein Trainingsplan für einen Anfänger vor, mindestens einen Tag Pause zwischen jeder Laufeinheit einzuhalten. Wenn das berücksichtigt wird, kann sich der Körper von so einer derartigen Belastung immer erholen und kann sich natürlich auch darauf anpassen. Was ja das eigentliche Ziel ist. Wenn Anfänger jedoch versuchen, so schnell es geht, immer weiter zu laufen, werden auch die richtigen Laufschuhe eine Überlastung nicht vermeiden können. Ganz abgesehen davon, es wird umso aufwendiger, den Laufstil zu ändern, je mehr Kilometer in den Beinen sind.

Fortgeschrittene Läufer brauchen (auch) andere Laufschuhe
Je länger man bereits gelaufen ist, desto mehr ist der bestehende Laufstil „eingelaufen“. Jede Bewegung ökonomisiert sich, wenn sie immer wieder wiederholt wird. Das gilt sowohl fürs Zähneputzen als auch für jede einzelne Sportart. Wenn eine Bewegung neu ist, ist die Koordination, also das Zusammenspiel der Muskeln noch nicht so präzise. Zu Beginn lernt jede einzelne Muskelfaser, wann sie, in welcher Reihenfolge und mit welcher Intensität anspannen muss. Mit den Wiederholungen ökonomisiert sich dieser Ablauf und wird stabil. Für uns Läufer heißt es aber nicht, dass dieser ursprünglich erlerne, stabile Ablauf der Laufbewegung auch der richtige ist. Denn wenn man einen schlechten Bewegungsablauf oft genug wiederholt, wird auch dieser geprägt. Das passiert zum Beispiel auch, wenn man zum Beispiel länger an einer Verletzung leidet und der Körper dadurch eine Schonhaltung einnimmt. Langfristig wird man diese Schonhaltung noch immer einnehmen, auch wenn die Verletzung bereits ausgeheilt ist.

Wenn nun ein Laufanfänger von Beginn an mit den stabilen Schuhen läuft, wird er natürlich auch besser werden. Der Körper verlässt sich zwar auf die Unterstützung, wird aber weiter und auch besser laufen können. Irgendwann wird aber die Leistungsentwicklung stagnieren, der Trainingsumfang wir so hoch sein, dass sich immer öfters erst kleine, dann größere Überlastungen einschleichen. Spätestens dann überlegen sich viele ambitionierte Läufe, doch einmal etwas mit der Lauftechnik auszuprobieren. Nicht unnötig, aber doch sehr späte, da der Laufstil bereits sehr stark geprägt ist.

Diese Läufer brauchen natürlich noch immer die richtigen Laufschuhe, die ihre Defizite ausgleichen. Sollten diese Läufer versuchen, bei gleichem Trainingsumfang mit leichten Laufschuhen zu laufen, würden sie sich sehr schnell überlasten. Dennoch sollten sie ein sehr leichtes Paar Laufschuhe besitzen, mit denen sie ihr wöchentliches Lauftechniktraining bestreiten oder mit denen sie sehr kurze, knackige Einheiten laufen. So bekommt der Körper langsam neue Reize, auf die er sich anpassen kann, ohne sich nachhaltig zu überfordern. Langfristig wird sich sowohl der Laufstil als auch das Laufgefühl derartig verändern, dann man mit den bisher gewohnten „richtigen“ Laufschuhen nicht mehr laufen will/kann.

Doch Achtung! Diese Änderung braucht Zeit, vor allem erfahrene Läufer, die beginnen, an der Lauftechnik zu arbeiten, müssen sehr viel Geduld mitbringen. Mehr noch als Laufanfänger, denn langjährige Läufer wissen, wie’s läuft, und können auch dementsprechend lange laufen. Mit der Änderung des Laufstils wird man im ersten Schritt sogar anfälliger auf Verletzungen werden, weil man den altbewährten Bewegungsablauf verlässt und anders als gewohnt läuft. Dazu gehört ein gewisser Mut, den Trainingsumfang kurzfristig etwas zu reduzieren und einen lauftechnischen Schwerpunkt in der Trainingsplanung berücksichtigt.

Sofern man jedoch keine Absicht hat, im Laufen besser zu werden oder sogar einen Marathon zu laufen, solange man lediglich zwei Mal pro Woche ein paar Kilometer zum Hirndurchlüften laufen geht, braucht man sich keine Gedanken darüber machen, wie der Laufstil aussieht oder mit welchen Laufschuhen man läuft. Man wird sich weder überlasten, noch muss man den Laufstil zwanghaft ökonomisieren. Die meisten Läufer werden aber früher oder später vielleicht doch noch ambitionierte Ziele erreichen wollen und spätestens dann wird eine ordentliche Lauftechnik nötig. Es zahlst sich als immer aus, etwas Zeit des Lauftrainings in die Lauftechnik zu investieren. Nicht nur damit man besser wird, sondern weil es auch Spaß macht.

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In meinem neuen Buch erfährst du, wie Läufer ticken, welche Laster sie haben und wie man mit ihnen umgehen musst. Du wirst dich in vielerlei Hinsicht wiedererkennen...sofern du ein "echter Läufer" bist.


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