Immer wieder
wird behauptet, dass der Vorfußlauf doch der gesündeste sein sollte. Mit dem
läuft man nicht nur schnell, sondern ist auch besonders gelenksschonend. Wenn
das so sein sollte, dann müssten doch die Besten der Besten auch am Vorfuß
laufen. Dem ist aber nicht so. Kaum einer läuft am Vorfuß, im Gegenteil, die
meisten sind Fersenläufer. Auch Eliteläufer. Doch es gibt einen Fersenlauf, den
wir kennen und einen, den die guten Läufer laufen. Und genau den sollten wir
auch aneignen.
Spitzenläufern
bei ihrer Arbeit zuzusehen ist ein richtiges Erlebnis. Leichtfüßig laufen sie
nahezu ohne sichtbare Anstrengung unvorstellbare Distanzen und man bekommt das
Gefühl, dass sie dabei überhaupt nicht ermüden. Dieser Laufstil muss perfekt
sein, und viele träumen davon, auch so dynamisch laufen zu können.
Auch wenn es
prinzipiell erstrebenswert ist, so ähnlich zu laufen wie die Spitzenläufer, es
ist nicht zielführend, einen speziellen Laufstil einfach nachzuahmen. Zu
unterschiedlich sind die Voraussetzungen, so unterschiedlich sind wir gebaut.
Stell dir nur vor, wenn zum Beispiel ein 2-Meter großer Läufer gemeinsam mit
jemanden läuft, der nur 1,5 Meter groß ist. Sie sind angenommen gleich gut,
laufen gleich schnell und doch haben sie einen komplett unterschiedlichen
Laufstil. Doch nicht nur die Körpergröße ist entscheidend für den Laufstil,
auch die Gelenksstellungen und Proportionen haben einen großen Einfluss auf den
Bewegungsablauf. Jedem ist der Laufstil von Andra Mayr, der österreichischen Rekordhalterin im Marathonlauf
bekannt? Auch die persönliche „Verletzungschonik“ bewirkt, dass wir vielleicht
gar nicht so laufen können, wie diese Spitzenläufer.
Doch der
wesentlichste Grund, wieso wir den Laufstil eines Spitzenläufers nicht
abkupfern sollten, ist die Geschwindigkeit an sich. Wenn du 3:00 min/km laufen
kannst, dann wirst du mit Sicherheit bereits eine gute Lauftechnik haben
müssen. Genauer gesagt, wirst du so laufen müssen, um überhaupt so schnell zu
sein. Die Geschwindigkeit gibt den Laufstil vor. Denn je schnell man
läuft, desto wichtiger wird es, die vorhandenen Energiereserven ausschließlich
für die Vorwärtsbewegung zu nützen. Jede unnötige Bewegung, die nicht in die Laufrichtung
gesetzt wird, oder vielleicht sogar bremsend wirkt, bewirkt, dass ich mein
gesamtes Potenzial nicht vollständig ausschöpfen kann. Ich laufe langsamer, als
ich eigentlich könnte. Das ist auch der Grund, wieso die Eliteläufer ihre gute
Lauftechnik bis ins Ziel halten können.
Je langsamer
ich jedoch laufe, desto weniger ist die „schöne Lauftechnik“ relevant. Wenn
Kipchoge oder Bekele einen 7er Schnitt laufen würde, dann sähen sie wohl auch
so aus, wie wenn wir so langsam laufen. Und dennoch könnte man bei diesem Tempo
doch kleine Unterschiede heraussehen. Das Problem dabei ist nur, dass die
Spitzenläufer niemals so langsam laufen müssen…sie würde es auch nie tun. Für
uns gilt das: Je schneller wir laufen, desto mehr sollten wir die wesentlichen
Eigenschaften eines guten Laufstils umgesetzt werden.
Wie sieht nun der Laufstil eines Spitzenläufers aus?
Es gibt
einige Faktoren, die einen guten Laufstil ausmachen. In diesem
Bericht möchte ich mich vorerst nur auf den Fußaufsatz beschränken. Die
restlichen Details werden in den nächsten Wochen an dieser Stelle behandelt. Abonniere
gleich den Runtasia Infokanal oder meinen Youtube-Kanal
und du bist am Laufenden.
Jede
Geschwindigkeit hat eine andere Anforderung an die Lauftechnik. Ein
Marathonläufer wird anders laufen als ein Sprinter, nämlich viel ökonomischer,
weil er länger laufen muss. Je kürzer die Distanz, desto größer ist der
Kraftaufwand, je länger man läuft, desto wichtiger wird die Ökonomie. Für den
Fußaufsatz bedeutet das: vom Sprinten am Vorfuß bis hin zum langsamen Traben
auf der Ferse. Auch du wirst es (hoffentlich) kennen, wenn du der
Straßenbahn nachläufst und auf einmal am Vorfuß läufst?
Sieht man
die Eliteläufer bei den Olympischen Spielen oder bei der Leichtathletik-WM zu,
so wird man feststellen, dass alle Läufer am Vorfuß laufen. Das lässt vermuten,
dass gute Läufer prinzipiell am Vorfuß aufkommen. Sobald man jedoch Läufer auf
der Straße betrachtet, findet man nur noch ein paar Exoten, die am Ballen
aufkommen. Der Grund dafür ist, dass man auf der Laufbahn mit „Spikes“ läuft. Diese Schuhe haben am Vorfuß
auf der Sohle Dornen angebracht, die sich etwas in die weiche Laufbahn bohren
und so zu einem guten Abdruck verhelfen. Und die Dynamik der Laufbahn unterstützt
zusätzlich das schnelle Laufen. Alle Leichtathleten auf der Laufbahn sind somit
Vorfußläufer.
Kommen diese
Läufer jedoch auf die Straße, verändert sich der Laufstil. Die Spikes fallen
weg und der Boden wird härter. Das reine Vorfußlaufen wird auf Dauer zu einer Belastung
des Sprunggelenks und wird dadurch leichter überfordert. Ein von mir schon
mehrmals erwähntes Beispiel für den Wechsel von Vorfuß- auf einen
Fersenlaufstil ist Haile Gebrselassie, der nach seiner Laufbahn-Laufbahn zur Marathondistanz auf die
Straße kam und relativ bald seinen Vorfußlauf ablegte.
Viele sind dennoch
der Ansicht, dass die schnellsten Marathonläufer Vorfußläufer sind. Dem ist jedoch
nicht so! Zumindest zeigt das die Realität. Das Vorfußlaufen hat dennoch eine
Bedeutung im Lauftechniktraining. Doch auch dazu kommen wir in späteren Berichten.
Eliteläufer beim Berlinmarathon 2019
In diesem
Video sieht man die Spitzengruppe rund um den Sieger dieses Marathonlaufs (Kenenisa
Bekele, 2:01:41). Gleich am ersten Blick sieht man, dass alle diese Läufer
einen etwas unterschiedlichen Laufstil haben. Der eine macht etwas größere, der
andere kleinere Schritte (bzw. Schrittfrequenz), manche heben die Beine etwas mehr,
andere haben mehr Vorlage usw. Obwohl alle gleich schnell laufen, jeder hat
seinen eigenen Laufstil, der seinen physischen Voraussetzungen entspricht. Was
aber alle vereint ist die Armhaltung (während des gesamten Bewegungsablaufs Ellenbogenwinkel
unter 90°) und der Fußaufsatz. Dieser ist wie schon oben erwähnt, nicht am
Vorfuß. Der erste Bodenkontakt ist bei den meisten Läufern mit der Ferse. Sehr
schön sieht man das auch bei der Aufnahme von vorne (ab 4:22 min).
Spitzengruppe beim Businessrun 2019
In meiner
zweiten Beobachtung filmte ich talentierte Hobbyläufer beim Businessrun in
Wien. Auch diese Läufer laufen etwa 3:00min/km bzw. etwas langsamer und die meisten
davon sind Fersenläufer. Einen kleinen Unterschied zu den Eliteläufern beim
Berlinmarathon sieht man jedoch genau: Die Variation der Laufstile ist deutlich
höher. Auch die Körperspannung ist bei einigen deutlich niedriger.
Spitzengruppe beim VCM 2019
Im letzten
Video habe ich (Halb)Marathonläufer und Staffelläufer beim Wienmarathon
beobachtet. Diese Läufer kamen mit einer hochgerechneten Zeilzeit bzw. einer Durchgangszeit
beim Halbmarathon von etwa 1:10 bis 1:15 Stunden ins Ziel (Tempo ca. 3:20 bis
3:30 min/km). Auch hier laufen bis auf sehr wenige Ausnahmen alle auf der Ferse.
Die wenigen Vorfußläufer sehen im Vergleich zu den anderen Läufern sehr auffällig
und unnatürlich aus.
Was bedeutet das für uns Hobbyläufer
Wenn schon
die Spitzenläufer nicht am Vorfuß laufen, dann brauchen wir es natürlich auch nicht.
Diese Videos widerspiegeln die Realität und zeigen uns, dass Langstreckenläufer
auf der Straße Fersenläufer in Wirklichkeit Fersenläufer sind. Dennoch gibt es
Fersenläufer, wie wir sie in den Videos gesehen haben und Fersenläufer, die sich
tatsächlich bremsen und vielleicht sogar die Gelenke unnötig stark belasten. Denn
diese gezeigten (guten) Fersenläufer haben beinahe keine Belastung auf der
Ferse, sie setzen den Fuß mit der Laufrichtung am Boden auf und haben mit dem
ersten Bodenkontakt bereits Zug am Asphalt und können sofort beschleunigen. Die
erste große Belastung ist dann erst am Mittelfuß, wenn der gesamte Fuß flach am
Boden ist.
Und genau das ist der große Unterschied zu den Hobbyläufern, die auch
mit der Ferse aufprallen, sie setzen die Ferse aber meist gegen die Laufrichtung
auf, sodass sie sich bei jedem Schritt bremsen. Diese Stoßbelastung macht sie
nicht nur langsamer, sondern sie breitet sich auch in die Knochen und Gelenke aus
und verursacht dort langfristig Überlastungserscheinungen. Deshalb brauchen
diese (schlechten) Fersenläufer auch Laufschuhe mit einer dementsprechend guten
Fersendämpfung, damit sich der Aufprall nicht fortpflanzt. Und schon sind wir
wieder bei der Negativspirale, die wir
in den letzten Berichten ausführlich besprochen haben: du brauchst die
richtigen Laufschuhe für deinen aktuellen Laufstil, aber du sollst an der Lauftechnik
arbeiten, damit du (auch) mit leichteren Schuhen laufen kannst.
Wir Hobbyläufer
müssen ständig an unserer Lauftechnik arbeiten. Wir werden zwar niemals so elegant
laufen können, wie die Eliteläufer (zumindest nicht auf Dauer), dennoch zahlt
es sich aus sich in diese Richtung zu entwickeln. Dazu braucht es nicht viel.
Aber von alleine wird sich dein bestehender Laufstil nicht ändern. TUN ist
wieder einmal angesagt. Im nächsten Bericht bzw. Video erfährst du, wie die
zwei wesentlichen Merkmale (Fußaufsatz und Armhaltung) eines guten Laufstils für
uns Hobbyläufer aussehen sollten, damit auch wir auf unserem Leistungsniveau
das Beste beim Laufen rausholen können und verletzungsfrei bleiben.
In meinem neuen Buch erfährst du, wie Läufer ticken, welche Laster sie haben und wie man mit ihnen umgehen musst. Du wirst dich in vielerlei Hinsicht wiedererkennen...sofern du ein "echter Läufer" bist.
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