Die Pronation, ist
medizinisch gesehen eine „Drehung des Fußes um seine
Längsachse“. Du kannst es ausprobieren: drehe den Fuß so, dass du die Außenseite
nach oben ziehst, dann kommst du von der Neutralposition in die Pronation.
Umgekehrt (wenn du die Außenseite nach unten ziehst) wäre es eine Supination.
Diese Pronation ist nicht umsonst, nein die Natur hat sich dabei etwas gedacht.
Denn wir laufenden Menschen haben mit der Pronation ein zusätzliches
Dämpfungssystem im Sprunggelenk, das über Bänder und Muskeln stabilisiert wird.
Denn in der Stützphase eines jeden einzelnen Laufschritts federt diese
Pronation den Aufprall etwas ab. Außerdem können wir uns mit dieser Drehung im
Sprunggelenk auch besser an Unebenheiten des Untergrunds anpassen (siehe
Titelfoto).
Wenn die Pronation also so wichtig für uns
aufrecht laufenden Menschen ist, wieso ist sie gerade beim Kauf der Laufschuhe
ein so großes Thema und vor allem wieso muss sie korrigiert werden? Wie schon
vor einigen Jahren in diesem Infokanal
beschrieben, hat die Überpronation einerseits einen
technologisch-geschichtlichen Hintergrund: die Schuhe selbst provozierten durch
die übermäßige Dämpfung eine Überpronation. Deshalb gibt es bei Läufern
deutlich mehr „Überpronierer“ als bei Nichtläufern. Auf der anderen Seite gibt
es natürlich auch Menschen, die knicken von Natur aus deutlich mehr ein als sie
eigentlich sollten. Ich habe einmal von einer Prävalenz von etwa 3 bis 5 %
gelesen. Ich nehme an, das wird ungefähr hinkommen.
Diese übermäßige Drehung kann sich bis ins
Knie fortsetzen und am Weg dorthin Probleme verursachen: Sprunggelenk, Achillessehne,
Schienbein, Knie und sogar bis in die Hüfte hinauf. Diese Überpronierer werden
beim Laufschuhkauf standardmäßig als gefährdet eingestuft und sollten gestützt
werden.
Und jetzt beginnt das Dilemma. Wenn ich
gestützte Schuhe trage, dann bekommt der Körper das Signal, dass ich laufen
kann, ohne mich dabei zu überfordern. Von außen her gibt es genügend
Unterstützung, die mich nicht in die (Über)Pronation fallen lässt und damit wird
keine Überlastung in anderen Bereichen verursacht. Das ist eine passive
Unterstützung (so wie eine Einlage), die langfristig bewirkt, dass der Körper
überhaupt keinen Anlass mehr sieht, sich muskulär selbst zu stabilisieren.
Durch den Ausgleich der Überpronation mit einer Pronationsstütze passiert nun
genau der gegenteilige Effekt: Langfristig wird die Überpronation noch größer,
da eigentliche stützende Muskulatur im Sprunggelenk abgebaut wird!
Aktiver oder passiver Laufstil?
Passive
Unterstützungen (wie Einlagen, Orthesen oder auch Pronationsstützen) haben im
Sport immer nur kurzfristig bei akuten Verletzungen eine Berechtigung. Damit
entlastet man die betroffenen Bereiche und der Heilungsprozess funktioniert
schneller. Langfristig muss man aber dafür sorgen, dass man selbst die nötigen
Ressourcen aufbaut und nicht abhängig von dieser Unterstützung wird. Sonst
schleppt man das Problem immer mit und es wird sich an der
Verletzungshäufigkeit nichts ändern.
Im Leben ist
Passivität nie wirklich zielführend. So auch nicht beim Laufstil. Setzte ich
nämlich den Fuß bremsend gegen die Laufrichtung und mit der Ferse (vielleicht
auch mit gestrecktem Knie) auf, dann drückt mich das Körpergewicht noch mehr in
die Überpronation, da die entsprechende Muskulatur nicht aktiviert wurde. Bei
einem aktiven Laufstil wird hingegen der Fuß so aufgesetzt, dass beim Aufprall die
nötigen Muskeln bereits aktiviert sind. Und nur so kann man den Effekt der
Pronation nützen. Nützen wir sich zu 100 %, denn sie ist eine natürliche
Dämpfung, die nur wir Menschen im Fußgelenk haben! Kein Laufschuh kann sie
ersetzen.
Laufanfänger falsch beraten!
Diese zu Beginn
geschilderte Erfahrung beim Laufschuhverkäufer prägt einen Läufer ein ganzes
Läuferleben. Viele denken nämlich, dass sie, wenn sie einmal eine starke
Überpronation diagnostiziert bekamen, immer mit dieser teuflischen Deformation
im Sprunggelenk zu kämpfen haben. Auch das stimmt in dem Sinn nicht, denn wenn
jemand mit dem Laufen erst beginnt, dann wird sich die stabilisierende
Muskulatur überhaupt noch nicht entwickelt haben, geschweige denn wird er einen
aktiven Laufstil laufen können. Es ist nur logisch, dass man beim Laufschuhkauf
etwas nach innen knickt. Der Körper kennt das Laufen noch gar nicht. Doch
gerade für Anfänger ist es wichtig, sich nicht in einen vorgegebenen, gestützten
und unterstützten Bewegungsablauf einzwängen zu lassen. So wird man sich seinen
eigenen Laufstil nie erlernen können. Und schon gar nicht unabhängig von diesen
Laufschuhen werden, im Gegenteil! Je länger man mit diesen Schuhen läuft, desto
schwieriger wird es, davon loszukommen.
Was bedeutet das für dich?
- arbeite an deiner Lauftechnik
– immer!
Wenn du deine Lauftechnik verbesserst, werden sich auch deine Laufschuhe verändern. Du wirst mit gestützten Schuhen nicht mehr laufen wollen und schon gar nicht laufen können, auch wenn du momentan nur mit solchen laufen kannst. Deine Verletzungsanfälligkeit wird aber sinken, trotz Überpronation. - unterschätze nicht die
Überpronation
Wenn du eine Überpronation hast, dann sind gestützte Schuhe (zumindest mittelfristig) noch immer wichtig, damit du dich nicht verletzt. Sie haben eine Berechtigung, wenn du nichts an deinem Laufstil änderst. - andere Laufschuhe
Lege dir leichtere Trainingsschuhe zu. Ungestützte Schuhe mit einer geringen Dämpfung und Sprengung. Mit diesen Schuhen absolvierst du deine kurzen und/oder intensiven Einheiten wie zum Beispiel das Techniktraining oder kurze, knackige Intervalle. - „homöopathischer“
Einsatz
Ändere deinen Laufstil bzw. deine Laufschuhe nicht zu schnell. Der Körper braucht seine Zeit, um sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen und die nötigen Muskeln aufzubauen. - trainiere deine Fußmuskulatur
Ein guter Läufer hat eine starke Fußmuskulatur und eine bewegliche Fußgelenke. Versuche, mit den Füßen einen Knoten in ein Handtuch zu knüpfen, zerknülle eine Zeitung mit den Füßen, beuge und strecke die Zehen und aktiviere sie damit. So stärkst du die feinen Muskeln in deinen Füßen und sie können beim Laufen auch eingesetzt werden. - Barfuß gehen
Nütze jede Gelegenheit, um barfuß zu gehen. Es muss nicht unbedingt das Barfußlaufen sein (das wäre noch eine Stufe höher und aufwendiger)! Sobald du barfuß gehst, wird sich die stabilisierende Muskulatur in deinen Füßen verbessern. Auch deine Beweglichkeit wird dadurch verbessert, weil du keinen Absatz unter der Ferse hast.
Wenn's einmal ein Marathon werden sollte, dann musst du diesen Leitfaden gelesen haben. Dann kommst du sicher und verletzungsfrei ins Ziel und verlierst auf dem Weg dorthin nie den Spaß am Laufen
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